Mir liegt es nicht nur am Herzen, die alte Bausubstanz zu erhalten, sondern ich möchte auch gerne mit meiner Familie so natürlich wie möglich leben, so wenig in die Umwelt eingreifen, wie eben nötig. Bereits bei der Renovierung unseres alten Hauses haben wir daher auf natürliche Baustoffe zurückgegriffen, und jegliches Plastik vermieden. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Baustoffe a) nicht unbedingt teurer sind als die aktuell am Bau verwendeten Materialien und b) auch prima selbst verarbeitet werden können. So haben wir beim Ausbau des Dachspitzes auf Hanf und latexierte Holzfasermatten zurückgegriffen, beim Anbau auf eine Dämmung aus Holzfasern, beim Innenausbau auf Lehmputz, Lehmfarbe und massive Dielenböden auf einer Trittschalldämmung aus Kork. Bereut haben wir es nicht eine Sekunde!
Lehmfarben in Pulverform |
Lehmputz besteht zunächst nur aus Lehm, Sand und Wasser. Ggf. werden im dickeren Unterputz noch Strohhäcksel beigemischt. Nach dem Mischen mit Wasser bis zur gewünschten Konsistenz muss er eine Weile quellen (einsumpfen), bevor er dann an die Wand kann - wie jeder andere Putz auch. Lehm trocknet sehr langsam und ist daher lange bearbeitbar. Durch Benetzen mit Wasser kann er auch nachträglich noch bearbeitet werden. Auf die fertige und durchgetrocknete Oberfläche kann dann entweder ein (mit Pigmenten eingefärbter) Feinputz aus Lehm aufgezogen werden oder aber direkt mit Lehmfarbe gearbeitet werden. Im Dachspitz haben wir einen Feinputz in einem ganz hellen Eierschalen-Ton verarbeitet, im Anbau den braunen Lehmputz direkt mit Lehmfarbe überstrichen.
Bestellt habe ich die Lehmfarbe in Pulverfom. Zunächst war ich skeptisch, ob sie denn auch tatsächlich auf dem kräftig braunen Putz decken würde. Bestellt hatte ich die Farben reinweiß (gänseblümchen), lavendel und pfirsichgelb hier: https://www.lehmfarben.com/. Mit einem Kilogramm Pulver soll man lt. Herstellerangaben 6qm Wandfläche auf Lehmputz streichen können, bei knapp 5,50€/kg ist diese Farbe sogar deutlich günstiger als Dispersionsfarbe aus dem Baumarkt. Dazu ist sie quasi unendlich haltbar - selbst angerührte Farbe kann man trocken lassen und dann bei Bedarf einfach wieder mit Wasser einweichen und benutzen. Ich bin begeistert von den Farben: Sie decken sehr gut, ich habe einmal mit verdünnter Farbe grundiert und dann nur einen Durchgang gestrichen. Dabei habe ich ca. 1/3 weniger an Farbpulver gebraucht, als für die Fläche angegeben. Der Pfirsich-Ton ist wunderbar leuchtend und kräftig - fast schöner, als ich es mir vorgestellt hatte. Lavendel ist noch nicht zum Einsatz gekommen. Die Wände kreiden auch nicht, d.h. man darf sie ruhig berühren :) Lehmfarben halten auf vielen Untergründen, allen Arten von Putz (Gips, Zement, Kalk) aber auch auf Gipskarton oder Tapeten, sie kann mit der Bürste gestrichen oder auch gerollt werden. Es macht allerdings wenig Sinn, sie auf bereits mit Dispersinsfarbe gestrichenen Untergründen zu verwenden - zumindest nicht aus Gründen der Feuchtigkeitsregulierung oder Wohngesundheit. Die Plastikschicht, die die Dispersionsfarbe bereits auf der Wand bildet, ist nicht mehr diffusionsoffen. Der Lehmanteil in der Farbe ist im Vergleich zur entstehenden Feuchtigkeit so gering, dass er nicht merklich auf das Wohnklima einwirken kann. Der wohl einzige Nachteil von Lehmfarbe ist, dass sie nicht naßwischfest ist.
Lehmfarben in pfirsich und gänseblümchen |